Schwingenführer Eoderich Thegothnait

 

Bruder Eoderich, Ritter vom Orden des Heiligen Golgaris und Schwingenführer der "Schwarzen Schwinge"

 

Geboren wurde Eoderich im Jahre 5 Hal als zweiter Sohn eines armen tobrischen Landadeligen auf dem Gut seiner Familie in der Nähe von Ysilia. Seine Erziehung stand ganz im Zeichen der göttlichen Gans, denn die höchsten Werte seiner Eltern waren Heimat und Familie. Da sein älterer Bruder das Landgut erben sollte, war für den körperlich tüchtigen, jedoch handwerklich wenig talentierten Eoderich eine kriegerische Profession vorgezeichnet. Da seine Eltern, bescheidene, bodenständige Leute, ihn nicht in eine rondrianisch geprägte Kriegerakademie geben wollten, zogen sie eine Karriere in der herzoeglichen tobrischen Armee vor, und so besuchte Eoderich eine Kadettenakademie in Ysilia. Die Invasion der schwarzen Horden fiel mit dem Abschluss seiner Ausbildung zusammen, und so wurde sein Jahrgang, ohne vorher in kleinen Scharmützeln Erfahrung sammeln zu können, direkt in die mörderischen Gefechte mit den Borbaradianern geworfen. Als frischgebackener, schneidiger und optimistischer Offizier zog Eoderich in den Krieg, und wurde zum desillusionierten, abgestumpften Veteranen, der mehr Leid und Grausamkeiten gesehen hatte, als eine menschliche Seele für gewöhnlich ertragen kann. Auch bei Eoderich hatten diese Erlebnisse, verbunden mit der Serie von Niederlagen, die den Verlust der geliebten Heimat bedeuteten, tiefe Spuren hinterlassen. Nicht nur einmal war er wagemutig vorgestürmt, insgeheim den Tod suchend, aber Golgaris Schwingen wollten ihn einfach nicht ereilen.

Vor der Schlacht an der Trollpforte wurde dieser geheime Wunsch zur festen Absicht. Eoderich meldete sich freiwillig für ein Sturmbanner, dass mit den Sappeuren gegen den Todeswall vorrücken sollte. Doch wieder wollte Boron seine Seele nicht haben. Eoderich war einer von fünfen seines Banners, die überlebten. Bewusstlos und schwer verletzt wurde er aus den Gängen des Todeswalls geschleppt, kurz bevor das Flammeninferno losbrach.
Nach tagelangem Koma erwachte er zur Überraschung der Feldscher, doch seine linke Körperhälfte war so geschunden, dass er Arm und Bein kaum mehr bewegen konnte, sein linkes Auge war verloren, seine rechte Hand zitterte bei jedem Versuch einer konzentrierte Aktion, und des Nachts plagten ihn schreckliche Alpträume.
Doch Eoderich suchte keine Erholung, er wollte so schnell wie möglich wieder in den Kampf. Das Schicksal verschlug ihn nach Perainefurten, wo er den Auftrag erhielt, sich einer Gruppe anzuschliessen, die in wichtiger Mission nach Grangor reiste. Das Scheitern dieser Mission versetzte Eoderich einen weiteren Nackenschlag. Er sprach nicht mehr, ass kaum noch etwas und blickte nur noch starr vor sich hin, als sich die Gruppe auf den Rückweg machte.

Doch im Grenzland zwischen dem Horasreich und Almada kam es zu einer schicksalhaften Begegnung. Eoderichs Gruppe wurde Zeuge eines Angriffs heimtückischer, novadischer Banditen (wie es sich später herausstellte, griffen sie nicht aus eigenem Antrieb an) auf eine aus Boronis und ihrer Eskorte (Golgariten) bestehenden Reisegesellschaft. Beim seinem Eintreffen stand das Gefecht noch auf des Messers Schneide, aber durch den Entsatz wendete sich das Blatt zu Gunsten der Boronis. Man setzte den Weg gemeinsam fort. Die Geweihten erkannten schnell die Pein, die Eoderichs Seele Tag und Nacht quälte. Eine junge Marbidin nahm sich seiner an, und ihre ruhige, tiefe Aura war Balsam für Eoderichs Leiden. So trennte er sich in Punin von seiner Gruppe, um durch regelmässige Meditation unter der Anleitung der jungen Geweihten im Borontempel seinen Frieden zu finden. Tatsächlich erholte sich Eoderich Seele und auch sein Körper von den durchlittenen Qualen. Er wusste, wem er dies zu verdanken hatte, und so konvertierte der heimatlos gewordene zur Kirche des Raben. Da er die Hoffnung, die Erde seiner Heimat zurückerobern zu können, nach der Dritten Dämonenschlacht aufgegeben hatte, schien es ihm das höchste verbleibende Ziel, wenigsten für die Gebeine und den Seelenfrieden seiner Landsleute zu streiten. Er beschloss, sich ganz in den Dienst Borons zu stellen, und da er ausser dem Kampf nicht viel gelernt hatte, bat er um Aufnahme in den Orden des Heiligen Golgari.

Eoderich ist ein Bär von einem Mann. Fast 9 1/2 Spann gross und an die 100 Stein schwer bietet er ein imposantes Erscheinungsbild. Die schrecklichen Kriegserfahrungen lassen ihn älter erscheinen und es mischen sich schon einige graue Haare in seine rotblonden Locken. Eoderich umgibt die gleichmütige, fast entrückte Aura eines Mannes, der alles verloren hat und dennoch sein Gleichgewicht wieder gefunden hat. Die Rüstung, die er unter dem Wappenrock trägt, ist ein langes Kettenhemd und die dazugehörigen Ergänzungen, den Rabenschnabel führt er in Kombination mit einem Schild.

 

Text: Paul Werner