Justiziar Baranoir

Der Justiziar Baranoir, Bewahrer Rethons, Hochwürden Baranoir, Ritter vom Orden des Heiligen Golgari, Justiziar des Ordens des Heiligen Golgari und Deuter Golgaris

 

Baranoir war alleine. Seit jeher. ER allein stand ihm bei. Seit jeher. Wie üblich war er, nach den mühsamen Besprechungen mit der Grossmeisterin und der Koscher Komturin, hierherauf gekommen, auf den höchsten Turm des Klosters. Sein Blick hatte er nach oben gerichtet, ernsthaft beobachtete er das nächtliche Himmelszelt. Das hell leuchtende Mada mal stand klar und voll am Himmel und spendete soviel Licht, als müsste sie dem Götterfürsten und seinen Kindern beweisen, dass auch sie es konnte - Ihr frevelhaftes Tun hatte die Menschheit ja bereits einmal ins Verderbnis gestürzt, schoss es Baranoir durch den Kopf.

Der klein gewachsene Ritter des Ordens des Heiligen Golgari löste seinen Blick vom Madamal und beobachtete die Wolkendecke, fast den ganzen Himmel einnahm und sich grau wabernd abzeichnete. Sie bewegten sich äusserst schnell über das Himmelszelt und irgendwo in seinem Innersten regten sich die Erinnerung. Die Erinnerung, dass die Wolken ähnlich ausschauten, wie das Spiel von Schatten und Licht, welches den kleinen Mohajungen im Dschungel schon immer so fasziniert hatte...

Kaum merklich schüttelte Baranoir sein Haupt. Lange Zeit war seither vergangen. Er stand nun in SEINEM Dienste, er hatte seine Bestimmung gefunden.

Und doch. Er war unruhig. Schon seit einer geraumen Weile. Er fühlte es. Würde ihn der Herr ein weiters Mal prüfen?

Er war bereit. Bereit das zu tun, was getan werden musste. "Hochwürden...die Grossmeisterin."

Die Stimme seines Knappens unterbrach Baranoir in seinen Gedankengängen. Er war ein guter und gelehrsamer Junge und der alte Ritter war zuversichtlich, dass er eines Tages den rechten Weg verteidigen würde. Doch was wollte ihre Exzellenz schon wieder von ihm?

Er musste sich eingestehen, dass er schon immer seine Mühe hatte mit ihr. Unter Lucardus war vieles besser gelaufen. Wie konnte der Rabe nur eine Frau an die Spitze eines solch wichtigen Ordens ernennen?

Sein Blick wanderte wieder zum Madamal. Borons Ratschluss war unergründlich, doch er würde nicht so schnell aufgeben, das geziemte sich nicht eines wahren Ritters und Diener des Bewahrers des Jenseits - Des Fürsten der Nacht..."

 

 

Hochwürden Baranoir, der Justiziar und somit obersten Richter des Ordens, kann man nicht mit einem anderen Golgariten verwechseln. Von der Statur her, knapp 8 Spann groß, gehört er eindeutig zu den kleinsten Ordensmitglieder, doch besitzt er einen gut durchtrainierten Körper, welcher unzählige Narben schmückt. Sein Schädel hat er immer kahl geschoren und man wird ihn nie ohne dem geschwärzten Kettenhemd, weißen Wappenrock und Rabenschnabel an der Seite antreffen. Wenn es gilt, ein Mitglied des Ordens zu richten, führt er das heilige Richtschwert der Boronkirche. Nur für Ordensfremde ist der stetige Geruch von Weihrauch, den der an ihm haftet, störend.

Sein Gesicht scheint alterslos, einige Falten sind zwar auszumachen, doch ist es unmöglich, sein genaues Alter zu schätzen. Er könnte 30, wie auch 60 Götterläufe zählen. Sein Mund beherbergen zwei Reihen blendenweiße Zähne, welcher man allerdings nur selten ansichtig wird, da er seine schmalen Lippen meist aufeinander gepresst hat, was seinem Gesicht einen harten, ernsthaften und unerbittlichen Zug verleiht. Die schwarzen Augen liegen tief in ihren Höhlen und er hat die unangenehme Eigenheit, sein Gegenüber lange, wirklich sehr lange zu fixieren, ehe er seinen Gruss erwidert, und selbst meist mit einem abschätzenden Blick.

Sehr selten sieht man ihn einmal entspannt oder gar Lächeln, die starre Maske des Unnahbaren beherrscht er à la perfection.

Was ihn aber von all seinen Ordensbrüdern -und Schwestern unterscheidet ist seine Hautfarbe, welche von einem dunklen Braun ist und darauf schließen lässt, dass es sich bei Baranoir um einen Abkömmling der Mohastämme im Süden handelt.

 

Selten einmal ergreift er das Wort, und wenn, dann scheint immer einen bedrohlichen, fast schon anschuldigenden, scharfen Unterton mit und der einen zusammenzucken lässt.

Seine Aussprache ist überaus weich und gibt einen weiteren Hinweis darauf, dass er nicht aus den nördlichen Gefilden Aventuriens stammt.

Er gilt als Meister der Rethonik und spricht quälend langsam, als würde er jedes Wort dreimal im Geiste prüfen, ob es denn wert hat, in die Welt gesetzt zu werden.

 

Anzutreffen ist Baranoir meistens in Garrrensand, wo er tagelang in der Bibliothek die Alten Schriften studieren kann. Immer seltener sieht man ihn auf seinem großen, schwarzen "Rabensteiner" ausreiten und dann weiß ein jedes Ordensmitglied, dass gerade einer ihrer Brüder oder Schwestern gegen die Gesetze und Lehren des Ordens oder  der Puniner Kirche verstoßen hat und dafür bestraft werden wird. Als Bewahrer Rethons ist er in der Lage, Vergehen seiner Schützlinge zu erspüren. Diese kaum bekannte Liturgie erlaubt ihm, ähnlich dem Flammenden Blick der Inquisitoren, die Schuld eines Jeden an seinen Augen zu erkennen.

 

Er gilt innerhalb des Ordens als Anführer des Erzkonservativen Flügels, welche sich die absolute Askese für alle Ordensmitglieder wünschen (so trägt Baranoir nicht einmal seine güldene Amtskette), die Abkehr jeglicher Adelstitel und -güter (kaum verwunderlich also, dass Baranoir und Gernot v. Mersingen ein eher gespanntes Verhältnis pflegen), den Orden unter einem starken Anführer, keine Frauen mehr im Orden (was er natürlich tunlichst für sich behält - es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass er als schärfster Kritiker der Großmeisterin gilt und manchmal seine Kompetenzen auch überschreitet), sowie das Herauslösen des Ordens aus jeglichen weltlichen Verpflichtungen und Angelegenheiten (Nur noch geweihte Brüder dem Orden beitreten lassen).

Diese Erzkonservativen sehen sich auch als "Erwählte" des göttlichen Rabens und die Golgariten als seine Krallen, mit denen er das Antlitz Deres von den Frevlern tilgen will. 

 

Die Götter alleine wissen, was Borondria dazu veranlasst hatte, Baranoir zum Justizar zu ernennen, wer weiß, vielleicht bereut sie es diese Tage sogar. Vielleicht, da niemand innerhalb des Ordens die Kompetenzen und das Wissen Baranoirs über die Schriften, Lehren und Gesetzen der Kirche des Herrn Boron bestreitet. Er soll sich sogar ausgezeichnet in dem frevelhaften Ritus der Al`Anfaner auskennen, sowie aller bekannter und weniger bekannten Kulte und Zirkel, welche den Bewahrer des Jenseits in ihr Zentrum stellen. Wer mag ermessen, welchen Geheimnissen er im Dunkel des abgesperrten Teils der Bibliothek nachspürt, zudem nicht einmal der oberste Bibliothekar Zutritt hat. So soll sich gar eine Abschrift der ketzerischen Corvus Nemrekath in seinen Händen befinden. Baranoir, der niemals eine Akademie oder gar ein Reichsseminar von Innen gesehen hat, ist ein reiner Autodidakt. All sein Wissen, hat er selbst zusammengetragen und hütet es entsprechend eifersüchtig.

 

Über seine Vergangenheit ist nichts bekannt. Niemand weiß, was den Diener Golgaris, welcher Brabak als seinen Heimattempel angab, dazu veranlasste, sich dem Orden des Heiligen Golgari anzuschließen.

Selbst in seinem angeblichen Heimattempel findet sich niemand, der über ihn Bescheid wüsste.

Sicher ist allerdings, dass er ein getreulicher Diener des Herrn Borons ist, der dies schon in mancher Schlacht und Rechtsspruch bewies. Und doch, Baranoir ist selbst den meisten Mitgliedern des Ordens unheimlich, hinter vorgehaltener Hand spricht man auch gern davon, dass er durch seine Studien und Herkunft dem Al`Anfaner Kult näher stünde, als dass es sein Amt benötige...

 

Zitate:

- In nominae Boroni! - In Namen Borons.

- Mors porta vitae -  Der Tod ist die Pforte des Lebens.

- Legi intellexi condemnavi - Ich las, begriff, verdamnte.

 

 

Text: Elias Moussa & Tahir Shaikh