Die Aufnahme

„(…) Aufnahme in den Orden kann jeder Mann und jede Frau finden, die dem Puniner Ritus folgt, allein den Zwölfen huldigt und von gutem Vorsatz ist. Bei seinem Eintritt in den Orden ist dem Aspiraten das Vergessen seiner Verfehlungen gewiss, so denn der Orden von seiner Reue und der Eignung für den Orden überzeugt ist. Das alleinige Urteil überlässt man letztendlich aber dem unfehlbaren Ratschluss Borons (…)“

- Auszug aus der „Lex Boronia“

 

Diese Vergebung (oder eben Vergessen) beinhaltet unter anderem auch den Schutz des Ordensmitgliedes vor der weltlichen Gerichtsbarkeit, nicht aber vor der kirchlichen Gerichtsbarkeit durch die Zwölfgötter.

Der Zweck des Ganzen? Nun, wahrscheinlich will man damit potenzielle neue Ordensmitglieder finden, die ansonsten einem schlimmeren Schicksal entgegenblicken würden. Ausserdem sollte jeder die Möglichkeit erhalten, so er denn wirklich gewillt ist, dem Herrn Boron zu dienen, unabhängig von seinem Vorleben. Es gibt mehrere Spuren dafür, dass es wiederholter Maßen vorgekommen ist, dass ehrlos aus der Rondrakirche entlassene Streiter im Orden eine Zuflucht gesucht und gefunden haben, selbst unter den Ordensoberen. Es zählt im Orden nicht als Schande oder Schmach, vor einem Feind zurückgewichen zu sein, wenn die Vernunft dies diktierte. Dies mag wohl auch ein Grund dafür sein, dass die Kirche der Leuin dem Orden eher misstrauisch bis ablehnend entgegentritt, auch wenn die Golgariten schon mehrmals ihre guten Absichten und sich als eine grosse Stütze der freien Zwölfgötterlichen Landen sowie der Kirchen der Zwölfe bewiesen haben.

 

Die Initiation

Ein angehender Golgarit muss sich in einem Kollegium vor einem Komtur und zwei weiteren Rittern des Ordens verantworten und sich vor seiner Aufnahme einer Befragung unterziehen. Diese erfolgt ohne weitere Zeugen, weder die anwesenden Ritter noch der Aspirant darf ein Wort über den Inhalt des Gespräches verlieren.

Mein werter Collega hat schon in seiner damaligen Schrift „Schwert & Rabenschwinge“ einige der Fragen zur Veröffentlichung erhalten und „seltsamerweise“ wurden mit die gleichen gereicht, als ich mich daran machte, diesen Abschnitt meines Werkes niederzuschreiben. Es sei also nochmals festgehalten, dass dies wirklich nur ein kleiner Bruchteil der Fragen sein wird, die ein Anwärter zu beantworten haben wird. Die Antworten des Adepten sind nicht vorgeschrieben. Anhand ihrer aber entscheidet der Komtur mit den beiden Rittern über die Aufnahme. Allein bei der Frage des Schweigens darf der Anwärter kein Wort verlauten lassen, will er die Anweisungen des Komtures nicht verletzten (man beachte die Formulierung). Ich werde mich jedes Kommentares zu den Fragen enthalten, da es mir nicht zusteht, darüber zu urteilen bzw. ich es erst tun möchte, wenn ich denn einmal alle Fragen in den Händen halten werde.

 

Der Komtur stellt die Frage:

„Bist Du gewillt, die Regeln des Ordens zu befolgen, den Befehlen Deiner Ordensoberen bedingungslos zu gehorchen, ein frommes Leben nach den Gesetzen der Zwölfe, Boron vor, zu führen, der Puniner Kirche zu dienen und ihre Heiligen Stätten zu schützen gegen die Häretiker Al`Anfas und die Verderbten des Ostens sowie die Dämonen der Niederhöllen?“

 

[Antwort des Anwärters]

 

„Du gehst recht! So höre also, es ist das Recht des Golgariten Gehorsam einzufordern, von denen, die im Orden unter ihm stehen und es ist die Pflicht des Golgariten, Gehorsam zu zeigen, gegenüber denen die im Orden über ihm stehen."

 

Der Komtur stellt die Frage:

 

„Antworte und sprich! Ein Golgarit muss auch vergessen können! Bist Du also gewillt die Taten derer zu vergessen, die Dir einst schlechtes getan, die einstmals deine Feinde waren? Bist Du also gewillt, zu vergessen, was dereinst deine Seele bekümmert, Dein Herz erschwert und Dein vorderes Leben bestimmt hat?“

 

[Antwort des Anwärters]

 

„Du gehst recht! So höre also, es ist das Recht und die Pflicht des Golgariten zu vergeben, zu verzeihen und sich nicht in Rachegelüsten zu verlieren.“

 

Der Komtur stellt die Frage:

 

„Antworte! Ein Golgarit muss auch schweigen können! Bist Du also gewillt, hinzunehmen ohne Widerspruch, was Dir aufgetragen wurde im Namen der Zwölfe und des Ordens? Bist Du also gewillt, zu hören ohne Deine Stimme zu erheben, zu fechten, ohne den Sieg herbeizurufen, zu sterben, ohne um Gnade zu flehen, allein zu sprechen, wenn es Dir gestattet ist?“

 

[Anwort des Anwärters]

 

„Du gehst recht! So höre also, es ist das Recht und die Pflicht des Golgariten zu schweigen, wenn Schweigen geboten ist und Schweigen zu gebieten denen, die unter ihm stehen!“

 

Hier kann ich es mir leider nicht verkneifen. Eine sehr geschickt gestellte Fangfrage, bei welcher wohl die meisten angehenden Golgariten reinfallen. Denn anders als bei den anderen Fragen wird der Anwärter nicht aufgefordert, zu sprechen (siehe die Einleitung der Fragen). Wer auch immer hier ein Ton von sich gibt, hat sämtliche Chancen verloren, ein Mitglied des Ordens zu werden.

Das Schweigen ist wohl eine der stärksten Waffen des Ordens, das es den Informationsfluss zu der Aussenwelt stark erschwert, aber auch zu zahlreichen Spekulationen und Ammenmärchen über den Orden und seine Gepflogenheiten führte. Doch ist das Schweigen eine der höchsten Tugenden des Ordens.

 

Der Komtur stellt die Frage:

 

„Antworte und sprich! Ein Golgarit muss auch sterben können! Bist Du also gewillt, dem Orden Dein Leben zu schenken? Bist Du also gewillt, dem Orden Deinen Tod zu schenken, auch durch die Hand eines anderen Golgariten, der den Tod durch seine Hand Deiner statthaft sieht?“

 

[Antwort des Anwärters]

 

„Du gehst recht! So höre also, es ist das Recht und die Pflicht des Golgariten den Tod hinzunehmen und zu geben, denn er ist die Erhöhung in den heiligsten Kreis des Ordens!“

 

Nach der Befragung und der Aufnahme in den Orden werden dem Anwärter die Ordensregeln vorgelesen, Vergehen und deren Bestrafungen aufgezeigt, sowie ein Mentor zugewiesen, meist einer der beiden Ritter, welche der Initiation beiwohnten. Als letzte Handlung empfängt er aus der Hand des Komturs seinen grauen Wappenrock.

 

Die Waffenweihe

("…) Und siehe, der Ritter ficht allein gegen das Untote, die Unheiligkeit der verderbten Kreaturen der Verderberin; darum also soll er die borongefällige Waffe, den Rabenschnabel, sowie ein Schwert, die altehrwürdige Waffe der Ritterschaft, tragen, welches den Segen des Allmächtigen Herren der Toten trägt. So vermag er dem Verderbten und Unheiligen zu trotzen mit der Macht des Herrn Boron (…)“

- Auszug aus der "Lex Boronia"

 

Es ist wohl nicht schwer zu erraten, wer mit der „Verderberin“ gemeint ist, doch will ich mich davor hüten, ihren wahren Namen hier festzuhalten. An der Richtigkeit dieser Zeilen ist wohl wenig zu zweifeln, immerhin wurde schon mehrmals beobachtet, wie Golgariten wider untotes oder dämonisches kämpften und ihnen auch Schaden zufügen konnten. Allein nicht jeder Ritter trägt ein Schwert, so dass mit dem Schwert wohl die allfällige Zweit- oder halt Erstwaffe des Ritters gemeint sein wird, wohingegen jeder Golgarit einen Rabenschnabel zu führen hat.

Prüfung & Läuterung

Der Golgarit muss sich eines kargen Lebens erfreuen können, wenn es ihm auch nicht verboten ist, im Reichtum zu leben. Eine harte Schulung stärkt den Geist und das ist vordringliche Ziel der Ausbildung. Niemals darf ein Golgarit die Selbstbeherrschung verlieren, stets muss er überlegen bleiben, den Gegner mit kühlem Kopf beherrschen und nicht den anderen dies tun lassen. So weiss der Knappe von einigen Schikanen zu berichten, die einem Rondranovizen wohl gänzlich fremd sind:

 

„So ließ mich mein Herr Ritter im Gebirge Kosch absitzen und nahm mir alles, bis auf das, was ich am Leibe trug. Auch den Dolch durfte ich behalten, doch wäre mir der Mantel lieber gewesen. Dann ritt er von dannen. Ich brauchte 4 Tage bis ins nächste Dorf, von wo aus ich auf dem Karren eines Bauern mitgenommen wurde. Es war nicht leicht, nur Beeren und Wurzeln zu essen und einmal eine Eidechse, die ich ich aber wieder ausspie, da sie bitter war wie Galle. Doch letztlich kam ich stolz nach Garrensand zurück. Leider verpetzte mich jemand, der mich auf dem Karren sah. Kaum stand Praios wieder am Himmel fand ich mich also wieder mitten im Gebirge (…)“

 

Nebst der „Kammer“, ist diese Prüfung wohl eine der meisten, an denen die angehenden Ritter Golgaris scheitern. Nichtsdestotrotz ist die Schule der Golgariten zwar hart, aber gerecht. Die Prügelstrafe oder schlimmeres wird nur in den seltensten Fällen verordnet. Der Ehrbegriff geht auch nicht soweit, dass man jede Herausforderung annehmen, geschweige denn nach jeder Beleidigung Genugtuung verlangen muss. Dies überlässt man getrost den wackeren Rondrastreitern. Vielmehr gilt es als ehrenhaft und tapfer, sich im Zaume zu halten, den Gegner eher durch die eigene Ruhe aus der Fassung zubringen, als ihm den Berserker vorzumachen.

Den Lehrmeistern der Golgariten entgeht kein Streithahn, kein Raufbold und auch der harte Ellbogen wird nicht geschätzt. Solcherlei Burschen und Mädchen finden schnell den Weg vor die Tore des Klosters. Eher noch wird sich der stille und schüchterne Schmalalrik bei ihnen profilieren, der die Hänseleien und Angriffe der Stärkeren geduldig über sich ergehen lässt.

Der Zusammenhalt der Ordensmitglieder geht soweit, dass sie sich bei der Leite gegenseitig schwören, einander ihre Seele dem Herrn Boron zu überantworten, um sich Schmerz oder Folter zu ersparen.